Zunft

Zunft
1. Entstehung: Im Zeitraum zwischen dem 10. und dem 12. Jh. begannen sich die in den Städten konzentrierten Handwerker nach Berufsarten zusammenzuschließen. Dies geschah teils auf Anordnung des Stadtherrn, der sich dadurch bestimmter marktpolizeilicher Aufgaben (Kontrolle von Qualitätsstandards, Maßen, Gewichten u.a.) entledigen konnte, teils aus eigenem Antrieb, um eine wirksame Interessenvertretung aufzubauen. In diesen genossenschaftlichen Zusammenschlüssen wurde das vorherrschende Nahrungsprinzip mit dem Erwerbsprinzip verbunden, d.h. es sollte eine Wachstumspolitik für die angeschlossenen Gewerbetreibenden verwirklicht werden, jedoch ohne Vollbeschäftigungs-, Einkommens- und Vermögensrisiken und ohne Veränderung der Einkommens- und Vermögensstruktur.
- 2. Aufgaben: Die Z. übernahmen Aufgaben im kirchlichen und sozialen Bereich. Die Hauptbedeutung der Z. lag im wirtschaftlichen und politischen Bereich: Die „Bruderschaften“ nahmen direkten oder indirekten Einfluss auf die Stadtverwaltung; im wirtschaftlichen Bereich bestimmten die Z. bes. über Verkaufspreise, Produktionsbedingungen und -mengen, Produktqualität, aber auch über die Berufsausbildung, die Einführung technischen Fortschritts und den Zugang zum Markt. Durch diese wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen wollte die sich zu einem „Kartell“ entwickelnde Organisation die Stellung der zugehörigen Handwerkerfamilien schützen und fördern. Mithilfe des Zunftzwangs wurde die Zahl der Handwerker reglementiert, denen durch ein System lokaler bzw. regionaler Beschränkungen ein weit gehendes Produktions- und Absatzmonopol garantiert wurde (Bannmeile).
- 3. Entwicklung: Mit der Änderung der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen bes. seit der Mitte des 17. Jh. hin zu der neuen räumlichen Organisation in (landesherrliche) Territorien büßten die Z. ihre politischen Funktionen im Wesentlichen zu Gunsten der erstarkenden Landesherren ein. Im Rahmen des als „Zunftkompromiss“ bezeichneten Modus Vivendi zwischen den Landesherren und den Z. wurde eine freiwillige Selbstbeschränkung der Z. auf die innere Organisation und die bis dato vertretenen Handwerke vereinbart, die den Landesherren die Etablierung anderer Gewerbetreibender bes. im Bereich der  Manufakturen, aber auch als Freimeister (nicht der Z. angeschlossene Meister) ermöglichte. Die wachsenden Interessengegensätze zwischen Staat und Z. mündeten in die Gewerbefreiheit, die im Laufe des 19. Jh. sukzessive in den deutschen Staaten eingeführt wurde. Grundgedanken der Z. im Sinn innerhandwerklicher Ordnungsfaktoren wurden jedoch bereits zur Jahrhundertwende mit der Errichtung von Handwerkskammern wieder aufgenommen, die seitdem bes. als Organe der handwerklichen Selbstverwaltung fungieren.

Lexikon der Economics. 2013.

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  • Zunft — Zunft, Bezeichnung der frühern fachgenossenschaftlichen Verbände von zum Gewerbebetrieb berechtigten Meistern eines Gewerbes oder nahe verwandter Gewerbe zwecks Förderung ihrer gemeinsamen sozialen, politischen, wirtschaftlichen, insbes. der… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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  • Zunft — Zunft, früher geschlossene Korporation von Handwerkern, die an demselben Ort dasselbe Handwerk betrieben, und zwar nach gewissen statutarischen Vorschriften (Zunftartikel), die bes. auch eine strenge Abgrenzung der einzelnen Handwerksgebiete mit… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Zunft — (Innung, Gilde, Zeche, Gaffel), organisirte Genossenschaft von Handwerkern einer Gemeinde od. eines Bezirks, mit besonderen Rechten und Vorrechten; s. darüber Handwerk. Sie entstanden im Mittelalter unmittelbar aus dem Volke, mit selbstgewählten… …   Herders Conversations-Lexikon

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  • Zunft — Gilde; Innung; Amt * * * Zunft [ts̮ʊnft], die; , Zünfte [ ts̮ʏnftə]: (im Mittelalter) Zusammenschluss, Organisation besonders von Handwerkern: die Zunft der Bäcker. Zus.: Bäckerzunft, Handwerkerzunft, Schneiderzunft. * * * Zụnft 〈f. 7u; 11. 19.… …   Universal-Lexikon

  • Zunft — 1. Da kommt auch einer aus unserer Zunft, sagte der Köhler zum Schornsteinfeger, als er einen Priester sah. Holl.: Daar gaat onze confrater, zei de smid tegen den schoorsteenveger, op een predikant wijzende, waut hij is ook in t zwart.… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

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